Grenier Neuf (F)
Das Stück Vineta (2000 enstanden) ist eine Zustandsbeschreibung Ostdeutschlands zehn Jahre nach der Wende. Es ist in Frankfurt/Oder angesiedelt. Die Figuren, verteilt auf drei Generationen, sind dem sozialen, ökonomischen und kulturellen Versinken ausgesetzt. Sie sind mit Arbeitslosigkeit, fehlenden ökonomischen Perspektiven, dem Auseinanderbrechen des sozialen Netzes, dem Verlust ihrer kollektiven, kulturellen Identität, dem Auslöschen ihrer gemeinsamen Geschichte konfrontiert.
Steve kommt aus dem Westen zurück in seine Heimatstadt Frankfurt/Oder. Er arbeitet jetzt in einer Bank, trainiert aber wie früher für die Boxmeisterschaften. Schnell stellt er fest, dass die alten Ehrenregeln nicht mehr gelten. Nach der ersten Verletzung trifft er seine Jugendliebe, die nun als Ärztin im Krankenhaus arbeitet, ohne sie jedoch zurückgewinnen zu können. Steve trainiert mit dem jüngeren und ihm überlegenen Frank für den Wettkampf. Frank ist ein Zweifler, hat außer dem Boxen keine Perspektiven. Seine Frau Rosa aber weiß, was sie will: einen starken Kerl und weg aus Frankfurt/Oder, weg aus dem Osten. Sie hängt sich an den Schläger Mike, der eines Nachts Frank brutal zusammenschlägt und dabei entmannt. Frank kann nicht am Wettkampf teilnehmen. Steve kämpft an seiner Stelle und verliert. Steve geht zurück in den Westen, Frank zieht zu seiner Mutter und Mike kommt ins Gefängnis, doch er ist sich sicher, dass er dort nicht lange bleiben wird: „ich werde erst nächsten Monat 18, dann mache ich hier weiter.“
Einerseits thematisiert Vineta die spezifische Lage in Ostdeutschland. Zugleich schildert das Stück damit eine Gesellschaft, die den Auswirkungen der Globalisierung ausgesetzt ist. Es thematisiert die ökonomische und damit politische Marginalisierung von Menschen, die auch in anderen Gegenden Deutschlands, wie Europas zu beobachten ist. Aus diesem Grund halten wir es für wesentlich, dieses Stück auch der französischen Öffentlichkeit vorzustellen. Ob Oderbruch oder Lothringen – die Frage stellt sich in jedem Fall: Was für Lebensträume kann eine Jugend in einer sich auflösenden Landschaft wagen? Welche Perspektiven bleiben den Menschen in den so genannten „aufgegeben Landschaften“?
Der Name Fritz Kater ist ein Pseudonym. Hinter ihm verbirgt sich der schreibende Regisseur Armin Petras. Petras (geb. 1964 in Celle/BRD) wuchs in beiden deutschen Staaten auf, studierte Regie an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch, bevor er 1988 aus der DDR ausreiste. Seitdem arbeitet er an zahlreichen Bühnen als Regisseur, seit 1993 ist er auch Dramatiker. 2003 erhielt er für «Zeit zu lieben, Zeit zu sterben» den Mühlheimer Dramatikerpreis. Ab 2006/2007 war Armin Petras Intendant des Berliner Maxim-Gorki-Theaters, seit Sommer 2013 ist er Schauspielintendant des Staatstheaters Stuttgart.
Sein Sprachstil vereint Elemente aus verschiedenen Kontexten, wie der Alltagssprache, des Fernsehens, der Werbung. Anklänge an die Theateravantgarden Bertolt Brecht und Heiner Müller sind nicht zu überhören. In seinen Texten wechseln dramatische und epische Momente.
Hier gibt es das Video «Heimat».